Der Vaterunser-Weg von Groß Kiesow
Ankommen, wo wir herkommen
Der Vaterunser-Weg
Acht große Findlinge säumen den Weg in Groß Kiesow. Es sind uralte Steine, geformt und geschliffen durch Erde und Wasser der Jahrhunderte. Der Bildhauer Rainer Fest (Rothenklempenow) hat ihnen im Jahr 2011 ihre jetzige Form gegeben und in granitene Tafeln die Anrede und Fürbitten des Vaterunser gemeißelt.
Die Steine stehen auf einem Rundweg durch die Gemeinde in den Ortsteilen Kiesow Meierei, Schlagtow Meierei, Schlagtow, Klein Kiesow, Sanz (Hof III, I und V) und Groß Kiesow.
Pilgern in Vorpommern
Wer pilgert, macht sich auf den Weg. Wer auf dem Vaterunser-Weg pilgert, entdeckt die Schönheit und Weite der Landschaft, schaut in den Alltag der Menschen und Dörfer, erlebt Kunst und Geschichte in ländlicher Region. Und kommt dabei nicht zuletzt zu sich selbst.
Der 18 km lange Weg beginnt und endet an der Kirche St. Laurentius in Groß Kiesow, deren Turm von allen Stationen aus zu sehen ist. Die Kirche lädt zu stillem Innehalten ein.
Der Vaterunser-Weg kann das ganze Jahr über selbständig begangen oder mit dem Rad erfahren werden.
Kirche St. Laurentius in Groß Kiesow
St. Laurentius
Die evangelische Kirche von Groß Kiesow ist dem heiligen Laurentius von Rom gewidmet. Er gilt als Schutzpatron vieler Berufsgruppen, darunter Bäcker, Brauer, Hirten und Köche.
Der frühgotische Chor aus behauenem Feldstein sowie das Kirchenschiff und das Untergeschoss des Turms stammen aus dem späten 13. Jahrhundert. Der Turm war ursprünglich in Fachwerk ausgeführt und wurde erst im 19. Jahrhundert nach einem Blitzeinschlag mit Backstein ummantelt. Die beiden Glocken des Geläuts erklingen täglich um 18 Uhr und zu den Gottesdiensten.
Sehenswert sind die Wandmalereien aus dem 16. Jahrhundert, eine hölzerne Kanzel aus dem 17. Jahrhundert, die 1862 von Mattthias Fernau in Stralsund gebaute kleine Orgel und einige moderne Kunstwerke, darunter eine Stele des Bildhauers Hans-Volker Mixsa zum Gedenken an die Gefallenen der Weltkriege.
Historische Grabwangen und Kreuze stehen auf dem alten Friedhof rund um die Kirche. Ein von ihm selbst geschaffener Grabstein erinnert an den Künstler Horst Leifer (1939–2002). Daneben befindet sich die letzte Ruhestätte des bekannten Groß Kiesower Pfarrers und Polizeiseelsorgers Andreas Schorlemmer (1949–2019), auf dessen Initiative der Vaterunser-Weg entstanden ist.
Das Vaterunser
Nach dem Neuen Testament hat Jesus Christus seine Jünger das Vaterunser gelehrt. Die Version mit sieben Fürbitten, wie sie im Evangelium nach Matthäus überliefert ist, wird heute von Christen aller Konfessionen gebetet. Das macht das Vaterunser zu einem der bekanntesten Texte der Bibel.
Die Fürbitten berühren wichtige Fragen. Sie umfassen, was unser Leben ausmacht: Was ist uns wichtig, was heilig? In welchen Verhältnissen wollen wir leben, von wem oder was leiten und führen lassen? Was bedeutet Gerechtigkeit, auch und gerade angesichts des Hungers und der Kriege in der Welt? Wie gehen wir mit Schuld und Vergebung um? Woher nehmen wir die Kraft zu widerstehen? Und wie erfüllt sich unsere Sehnsucht nach Erlösung von dem, was übel genannt werden kann?
Pilgertag und Pilger-Radtour
Regelmäßig lädt der Kulturfelder e.V. Groß Kiesow zum gemeinsamen Pilgern zu Fuß oder mit dem Rad und zum Gespräch ein. Aktuelle Termine finden Sie auf unserer Veranstaltungsseite oder bei Facebook unter www.facebook.com/kulturfelder
Kontakt und Ansprechpartner
Der Vaterunser-Weg von Groß Kiesow wird betreut von den Evangelischen Kirchengemeinden Kemnitz-Hanshagen und Groß Kiesow sowie Züssow-Zarnekow-Ranzin und vom Kulturfelder e.V. Groß Kiesow.
Volker Pesch ✉ post@kulturfelder.de
Orte und Steine
Groß Kiesow
Stein des Anstoßes
Der Vaterunser-Weg beginnt und endet an der St. Laurentius-Kirche, nur wenige Gehminuten vom Bahnhof Groß Kiesow entfernt. Mitten im Hauptort der gleichnamigen Gemeinde mit insgesamt rund 1400 Einwohnern stand einstmals das Gutshaus.
Inschrift 1: Vater unser im Himmel
Inschrift 2: Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit.
Kiesow Meierei
Stein des Namens
Die kleine Siedlung wird erst 1932 urkundlich erwähnt. Das Wohngebäude der Meierei stammt aber aus dem 19. Jahrhundert. Nach dem 2. Weltkrieg wurde es zur neuen Heimat für Flüchtlinge aus Hinterpommern.
Inschrift: Geheiligt werde Dein Name
Schlagtow Meierei
Stein der Sehnsucht
Das Dorf entstand ab 1934 für Siedler aus dem Rheinischen und aus Niedersachsen. Zu den Höfen in ihrer charakteristischen, L‑förmigen Bauweise gehörten jeweils 10 Hektar Land. Gerade genug, um darauf eine Existenz zu gründen.
Inschrift: Dein Reich komme
Schlagtow
Stein der Ergebung
Die alte Kastanienallee zum eher schmucklosen Herrenhaus und Reste des Gutsparks sind noch erhalten. Nachdem die Grafen von Behr ihren Besitz verkauft hatten, zogen hier seit den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts Menschen aus vielen Regionen der Welt her.
Inschrift: Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden
Klein Kiesow
Stein der Mitte
Der Weg führt am Dorfrand entlang, aber ein Abstecher lohnt sich: Das verfallene Gutshaus und mehrere Schnitterkasernen für polnische Landarbeiter erinnern an die landwirtschaftliche Blütezeit um 1900. Hinter dem Gutshaus steht eine beeindruckende Rotbuche.
Inschrift: Unser tägliches Brot gib uns heute
Sanz Hof III
Stein der Stärke
In diesem Teil der Gemeinde siedelten in den 30er Jahren Menschen aus Siebenbürgen. Längst sind auch hier junge Familien zugezogen und prägen das Bild. Am Ortsausgang befindet sich das Atelier Leifer.
Inschrift: Vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unseren Schuldigern
Sanz Hof I
Stein des Widerstands
Das alte Pächterdorf wird schon im 13. Jahrhundert urkundlich erwähnt. Im historischen Schulhaus waren zu DDR-Zeiten der Konsum und später eine Unterkunft für Asylsuchende untergebracht. Heute ist es in Privatbesitz.
Inschrift: Führe uns nicht in Versuchung
Sanz Hof V
Stein der Erlösung
Um 1850 bestand Sanz aus sieben Einzelhöfen. Daraus sind über die Jahrzehnte kleine Dörfer geworden. Die Häuser des fünften Hofs sind typische Landarbeiterhäuser und liegen entlang der Straße nach Groß Kiesow.
Inschrift: Erlöse uns von dem Übel